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TU-BS

FB Informatik
TU Braunschweig

Frank Schroven: Automatische Distanzregelung in urbaner Fahrumgebung

Der Wunsch nach selbsttätiger Verrichtung von Aufgaben führt zur Automatisierung technischer Systeme. So findet man auch in Fahrzeugen eine Vielzahl von Teilfunktionen, die inzwischen (teil)automatisiert ausgeführt werden. Das Öffnen und Schließen der Fenster ist nur ein Beispiel. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass Fahrerassistenzsysteme (FAS) verbreitet Einzug in Serienfahrzeuge finden.

Die Fahraufgabe und damit auch mögliche Assistenzsysteme lassen sich in die Bereiche Navigation, Bahnführung und Stabilisierung unterteilen. Im Bereich Navigation und Stabilisierung findet man bereits heute verschiedene Systeme, die den Fahrer in hohem Maß unterstützen. So wählt ein modernes Navigationssystem nicht nur eine Route unter vom Fahrer zu bestimmenden Randbedingungen, sondern hilft bei der Zeitplanung, kann die Route aufgrund von lokalen Verkehrsereignissen (z.B. Stau) dynamisch anpassen und darüber hinaus bei der Suche nach Points-of-Interest (z. B. Restaurants, Banken) behilflich sein. Im Bereich der Stabilisierung gehören Systeme wie das Anti-Blockier-System (ABS), die Antriebsschlupfregelung (ASR) und auch das elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) zur Serienausstattung der meisten Neufahrzeuge. Die Eingriffe der Stabilisierungssysteme sind dabei üblicherweise selten und dienen vor allen Dingen der Erhöhung der Fahrsicherheit.

Die Bahnführung lässt sich weiter in die Teilaufgaben Längs- und Querführung untergliedern. Im Bereich der Längsführung findet man die klassische Geschwindigkeitsregelanlage (Tempomat) und seit einigen Jahren ihre Erweiterung, die automatische Distanzregelung (Adaptive Cruise Control, ACC). Sie verhält sich ohne vorausfahrende Fahrzeuge wie eine Geschwindigkeitsregelanlage, hat jedoch durch eine Umfeldsensorik (meist Fernbereichsradarsensoren) die Möglichkeit, Fremdfahrzeuge zu detektieren. In diesem Fall wird ein vom Fahrer gewählter Abstand zum Vorderfahrzeug durch einen aktiven Bremseingriff, der auf den Komfortbereich beschränkt ist, eingeregelt.

Solche ACC-Systeme waren lange Zeit auf einen Geschwindigkeitsbereich von üblicherweise 30-200 km/h beschränkt. Diese Grenzen wurden in jüngster Vergangenheit nach unten erweitert und moderne Varianten bieten eine Unterstützung bis in den Stillstand. Dennoch sind diese Systeme für Autobahnen und gut strukturierte Landstraßen konzipiert und bieten nur unzureichende Unterstützung, sobald diese Straßentypen verlassen werden. Ziel der Promotion ist es, das Einsatzgebiet des Längsführungssystems ACC auf städtische Fahrumgebungen zu erweitern. Das neue Umfeld unterscheidet sich stark von dem der Autobahn oder der Landstraße. Wichtige Differenzierungsmerkmale sind dabei:

  • Geschwindigkeitsbereich,
  • Verkehrsdichte,
  • Art der Objekte (Fahrradfahrer, Fußgänger),
  • Bewegungsrichtung anderer Verkehrsteilnehmer,
  • Fahrbahnverlauf (Krümmungsradien, Kreuzungen).
Aufgrund der andersartigen Umgebung bedarf es einer Umfeldsensorik, mit deren Hilfe es möglich ist, die komplexen Fahrsituationen und Streckenführungen der Stadt zu interpretieren. Das grundsätzliche Problem der Fahrschlauchprädiktion verschärft sich hier aufgrund der teils viel geringeren Kurvenradien. Im Gegensatz zu heutigen ACC-Systemen muss eine automatische Distanzregelung im städtischen Bereich nicht nur auf angehaltene, sondern auch auf stehende Hindernisse reagieren können. Für diese Aufgabe ist eine bildgebende Sensorik sehr gut geeignet.

Der erzielbare Nutzen durch ein erweitertes Anwendungsgebiet ist vielfältig. Einerseits lassen sich die Vorteile heutiger ACC-Systeme übertragen: der Fahrer wird bei als langweilig empfundenem Verkehr (z.B. langsame Folgefahrt) entlastet, es kann je nach Reglerauslegung eine Harmonisierung des Verkehrs und unter Umständen eine Erhöhung der Verkehrsdichte erreicht werden. Außerdem geht mit dem Einsatz des Systems ein möglicher Sicherheitsgewinn einher, da das Auftreten von Auffahrunfälle durch Unaufmerksamkeit verringert werden kann.

Darüber hinaus lassen sich neue Funktionalitäten speziell für das urbane Umfeld generieren. So ist eine nicht durch den Fahrer initiierte Gefahrenbremsung denkbar, da im Niedriggeschwindigkeitsbereich eine Abbremsung die letzte Unfallvermeidungsstrategie darstellt.